Unser Jubiläumsinterview mit Jan Mittelstaedt – Mitgründer und Geschäftsführer der Werbeagentur Lorth Gessler Mittelstaedt - Teil 2


Gebürtig ist Jan Mittelstaedt „a echdr Schwob“, aufgewachsen in Tübingen bis zu seinem zwölften Lebensjahr. Danach verbringt er ein Jahr in London, bevor er 1983 nach Konstanz kommt. Nach der elften Klasse fliegt Jan, damals Punk, Mitläufer, ziel- und motivationslos, relativ überraschend vom Gymnasium – heute ist Jan Mitgründer und Geschäftsführer der Werbeagentur LGM mit Sitz in Konstanz.

„Das steht auch sinnbildlich für das, was ich von der Konstanzer BWL in Erinnerung habe: Die Konstanzer BWL war damals nicht so sehr eine quantitative BWL sondern eine qualitative. Eine, bei der die Themen Menschlichkeit und ganzheitliches Denken eine Rolle gespielt haben.“

Schon bevor Jan sein Studium an der Konstanzer BWL 2001 mit dem Diplom abschließt, entwickelt sich seine Selbständigkeit. Prof. Jan-Dirk Rosche, Prof. Klaus Kohlöffel und Prof. Arthur Kröner bieten mit Unterstützung von Sabine Bethge das erste Mal die Vorlesung „Praxis der Unternehmensgründung“ an.

„Das war die erste Runde und LGM war 1997 die erste Firma, die daraus entstanden ist.“

In der Zeitung entdeckt Jan eine Stellenanzeige des Unterhaltungselektronik-Ladens „Phono Motion“ – zur damaligen Zeiten der coolste Laden dieser Branche in Konstanz. Anfang der 90er Jahre beginnt Jan dort seine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel: „Das hat mich total fasziniert. Was mich aber nicht fasziniert hat, war der Beruf des Kaufmanns im Einzelhandel.“

Jan entwickelt gemeinsam mit seinen damaligen Kommilitonen Andreas Lorth und Stefan Gessler einen Businessplan, der die Bank überzeugt.

„Im Nachhinein gesehen: unfassbar! Wir hatten keine Ahnung von dem, was wir da taten. Wir wussten nicht was wir da eigentlich gründen. Wir haben eine Filmproduktionsfirma gegründet, obwohl wir noch gar nicht auf professionellem Niveau Filme produzieren konnten. Aber manchmal kannst du mit Enthusiasmus viel wett machen.“

Und das konnten Lorth, Gessler und Mittelstaedt: Sie waren begeistert von dem, was sie machten und zogen es durch.

„Hätte ich gewusst, was wir alles nicht können, hätte ich nie im Leben diese Firma gegründet.“

Die nicht ausreichende Informationen bei der Existenzgründung von LGM sieht Jan im Nachhinein als große Chance an. Sie mieten Räumlichkeiten an; probieren vieles aus, das auch mal nicht klappt; werden in den ersten Jahren von HP (die Hewlett-Packard Company ist einer der größten US-amerikanischen PC- und Druckerhersteller) mit Aufträgen versorgt, welche sie überleben lassen.

„Das war Entrepreneurship, das war Startup-Mentalität und Selbstausbeutung in Reinkultur, aber es war ja für die eigene Sache.“

Anfangs arbeiten Andreas, Stefan und Jan teilweise bis zu 100 Stunden in der Woche. Erst später bekommt LGM weiteres Personal dazu, mit dem sie erst einmal lernen mussten umzugehen.

„Ich bereue das auf keinen Fall! Ich bin total froh, dass wir das gemacht haben. Heut würde ich natürlich viele Dinge anders machen. Wenn ich am Anfang das Wissen gehabt hätte, das ich heute habe, dann wären wir wahrscheinlich viel schneller aus den Startlöchern gekommen.“

„Mir war immer klar: ‚Diese Zeit kannst du nur einmal erleben. Deine Kinder haben es verdient, dass du für sie da bist.‘“

Die Nummer eins im Leben von Jan Mittelstaedt ist ganz klar seine Familie. Und auch wenn Karriere und Familie nicht immer einfach miteinander zu vereinbaren sind, ist es für ihn schon immer eine Grundentscheidung gewesen. Jan hat so gut wie jede Aufführung, jedes Schulfest, jeden Sportwettkampf seiner Kinder live erlebt. Heute hat er zu seinen Kindern ein gutes Verhältnis und das Gefühl, dass es, so wie es war, gut funktioniert hat. Über die Kehrseite dieser Medaille ist sich Jan jedoch voll im Klaren: Er hat damals bewusst auf finanzielle und karrieremäßige Höhenflüge verzichtet.

„Ich habe bewusst in Kauf genommen, dass ich mit der Art und Weise, wie ich mein Unternehmen führe, so nicht das Maximum an Gewinn rausholen konnte und es macht mir überhaupt nichts aus. Ich bereue nichts!“

Jans Ausgleich ist sein Engagement bei Rotary. Rotary, gegründet 1905 in Chicago, ist der älteste Serviceclub der Welt. Eine Vereinigung von Menschen, die Freundschaft pflegen, lernen und Gutes tun wollen, mit über 1,2 Millionen auf der Welt. In Deutschland gibt es über 1.000 Rotary Clubs mit mehr als 55.000 Mitgliedern, aufgeteilt über 15 Distrikte. Jan arbeitet seit über zehn Jahren aktiv in einem dieser Distrikte mit. Seit Juli 2019 ist er Governor dieses Distrikts. Im Frühjahr 2019 organisierte Jan für Rotary zwei größere Veranstaltungen, welche im P-Gebäude an der HTWG stattfanden. Ein Moment, an den Jan mit Stolz zurückdenkt:

„25 Jahre, nachdem ich angefangen hatte zu studieren, stand ich wieder da und kehrte an meine Hochschule zurück. Vorher war ich der Kunde, dieses Mal der Organisator. Da hat sich ein Kreis geschlossen.“

Wusstest du, dass dank Rotary die Kinderlähmung so gut wie ausgerottet ist? Lese hierzu mehr: Rotary

Heute ist Jan alleiniger Geschäftsführer von LGM. In Zusammenarbeit mit seiner Agentur entstand im Herbst 2017 die neue Homepage unseres Alumnivereins der Konstanzer BWL. In diesem Zug wurde auch die Kampagne „Alumni Karrierewege“ ins Leben gerufen. Im September 2017 ging das erste Interview online, 22 Interviews später sind wir stolz darauf, zum zweijährigen Jubiläum der Homepage das Jubiläumsinterview mit Jan Mittelstaedt veröffentlichen zu können. Ein riesen Dankeschön geht an dich, lieber Jan, und dein Team von LGM!

Jans ultimativer Tipp an alle noch Studierenden:

„Werdet Mitglied im Alumniverein! Und schaut euch den Rotaract Club in Konstanz an!“

Du möchtest mehr über Rotary wissen oder sogar selbst ein Teil davon werden? Konstanz hat einen eigenen Rotaract Club mit dem Motto: Lernen. Helfen. Feiern. Mehr dazu findest du hier: Rotaract Club Konstanz