Unser Jubiläumsinterview mit Jan Mittelstaedt – Mitgründer und Geschäftsführer der Werbeagentur Lorth Gessler Mittelstaedt


Gebürtig ist Jan Mittelstaedt „a echdr Schwob“, aufgewachsen in Tübingen bis zu seinem zwölften Lebensjahr. Danach verbringt er ein Jahr in London, bevor er 1983 nach Konstanz kommt. Nach der elften Klasse fliegt Jan, damals Punk, Mitläufer, ziel- und motivationslos, relativ überraschend vom Gymnasium – heute ist Jan Mitgründer und Geschäftsführer der Werbeagentur LGM mit Sitz in Konstanz.

„Da hatte ich Zeit mir klar zu werden, was ich alles nicht will.“

Nachdem Jan nach der elften Klasse das Gymnasium verlassen muss, beginnt er, der Empfehlung eines Berufsberaters folgend, eine Ausbildung zum Bauzeichner. Nach nicht einmal vier Monaten merkt er, dass seine Interessen nicht im Bauzeichnen liegen und bricht die Lehre ab. Er absolviert eine 18-monatige Zivildienstzeit im Seniorenzentrum Konstanz.

„Damals war das noch was Kultiges. Allein in den Laden reinzugehen war schon ein Erlebnis.“

In der Zeitung entdeckt Jan eine Stellenanzeige des Unterhaltungselektronik-Ladens „Phono Motion“ – zur damaligen Zeiten der coolste Laden dieser Branche in Konstanz. Anfang der 90er Jahre beginnt Jan dort seine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel.

„Das hat mich total fasziniert. Was mich aber nicht fasziniert hat, war der Beruf des Kaufmanns im Einzelhandel.“

Seinen Schwerpunkt hat Jan im Bereich der Videokameras und Videoschnittplätze. Während ihn dies total fasziniert, ist der Beruf des Kaufmanns im Einzelhandel für ihn eher weniger beeindruckend. Jan entschließt sich, doch noch ein Studium der BWL zu beginnen. Er sucht nach Möglichkeiten in Konstanz, dem Ort an dem er sich wohl fühlt, zu bleiben und wird auf die Konstanzer BWL aufmerksam.

„Es gab damals einen Numerus Clausus von 1,7. Für mich zu der Zeit eigentlich unvorstellbar. Aber ich hatte jetzt plötzlich ein Ziel.“

Durch seine abgeschlossene Ausbildung hat Jan die Möglichkeit, auf dem technischen Berufskolleg sein Abitur innerhalb eines Jahres nachzuholen. Durch sein Ziel, welches er vor Augen hat, geht ihm das BK leicht von der Hand und so sichert er sich den Studienplatz an der Konstanzer BWL und startet sein Studium im Jahr 1994. Rückblickend sieht Jan seinen frühzeitigen Schulabgang als absolute Chance an:

„Dass ich aus der Schule rausflog, war eigentlich meine Chance. Wenn das nicht passiert wäre, hätte ich ein schlechtes Abi gemacht und nie BWL studieren können. Durch das Schulaus und den Weg, den ich danach beschritten hatte, wusste ich, was ich wollte.“

Besonders gerne erinnert sich Jan an die „Lockenwickler-Geschichte“ von Herrn Leimbacher, ein damaliger Schweizer Gastprofessor. Die Geschichte erzählt von einem Ehepaar, welches jeden Morgen gemeinsam am Frühstückstisch sitzt. Die Ehefrau hat stets Lockenwickler im Haar. Der Ehemann stört sich daran, spricht es allerdings erst bei einem Streit an, woraufhin die Frau sehr getroffen ist, da sie ihm mit den Locken gefallen wollte. Nach der Frage, wie der Ehemann dies hätte anders machen können, erzählt Herr Leimbacher die Geschichte erneut, diesmal aber spricht der Mann gleich aus, dass er ein Problem damit hat, dass seine Ehefrau jeden Morgen mit Lockenwicklern am Frühstückstisch sitzt.  

„Man kann die größte Erkenntnis dieses Studiums in vier Worte fassen. Dieser Satz ist: ‚Ich habe ein Problem.‘ Denn mit diesem Satz gelingt es dir, bei deinem Gegenüber Hilfsbereitschaft zu wecken.“

Aus der Geschichte nimmt Jan die wohl wichtigste Erkenntnis für sich aus seinem Studium mit: ICH-Botschaften zu senden. Dies hat ihm schon so einige Herausforderungen, besonders auch im Bereich des Leaderships, in den vergangenen Jahren gelöst. Auch heute nutzt er diesen Leitsatz in schwierigen Situationen immer wieder.

Jans Lieblingsplätze am See:

„Für mich ist einer der schönsten Plätze in Konstanz die Strandbar an der HTWG.“

Jan mag die Plätze, an denen er eine Verbindung zum Wasser hat. Seit er in Konstanz lebt, hat er sich so sehr an das Wasser gewöhnt, dass ein Umzug in eine Stadt ohne Wasser für ihn nicht in Frage käme. Er mag die einfachen Läden in Konstanz, wie zum Beispiel das Defne.

„Ich bin ein Optimist, ein positiv denkender Mensch und ich hinterfrage, aber nicht um etwas kaputt zu machen, sondern um etwas genauer zu wissen, um den Hintergrund zu verstehen und zum Kern vorzudringen.“

Als sein wichtigstes Handwerkszeug beschreibt Jan seine konstruktiv-kritisch hinterfragende Grundhaltung, bei der er sich damit beschäftigt, wie er an Aufgaben und Herausforderungen herangeht. Er nennt die Dinge gerne beim Namen, möchte aber auch den Ausweg anbieten, um die Person gegenüber abzuholen und mitzunehmen.

„Diese Grundhaltung sorgt dafür, dass ich auf Situationen reagieren kann, auch wenn ich keine Vorbereitung habe.“

IN WELCHER ERINNERUNG JAN DIE KONSTANZER BWL HEUTE NOCH HAT, WIE LGM DANN TATSÄCHLICH ENTSTANDEN IST UND WAS JAN SONST NOCH SPANNENDES ZU ERZÄHLEN HAT, ERFAHRT IHR IM ZWEITEN TEIL UNSERES JUBILÄUMSINTERVIEWS IM NOVEMBER 2019